Zug um Zug?!? SPD-Fraktion diskutiert öffentlich mit Bürgerinnen und Bürgern und Experten über das Konzept einer „Regio-Tram“

Rund 60 Besucher waren am Montag gekommen, um dem Vortrag von Hans Joachim Sistenich, ehemaliger Geschäftsführer des AVV und inzwischen Beisitzer im Vorstand der Initiative Aachen, zu folgen und im Anschluss über das vorgestellte Konzept einer „Regio-Tram“ zu diskutieren. Für die Veranstaltung im Begegnungszentrum der AWO Aachen-Nord hatte die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Aachen unter anderem Niels-Christian Schaffert, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen der Stadt Aachen und Daniela Jansen, Referentin der IG Metall Aachen im Projekt „e-mobility“ und Kandidatin der SPD für die Wahl zur Städteregionsrätin, eingeladen.

In Fachkreisen arbeite man mit dem Begriff des „Modal Split“, welcher die Verteilung des Personenverkehrs auf die einzelnen Verkehrsmittel aufschlüsselt, erklärte Hans Joachim Sistenich direkt zu Beginn seiner Präsentation. Wie die Bürger in der Region von A nach B kommen, habe sich in den letzten Jahren dabei so gut wie gar nicht verändert. Dies sei im Hinblick auf die Entwicklung des ÖPNV erst einmal schlecht. Besonders deutlich würde das in den rund 66 000 Pendelbewegungen von Aachen in die umliegende Region und umgekehrt. Die Folge seien überfüllte Busse und Staus. Dies sei ein bekanntes Problem auf vielbefahrenen Straßen, wie zum Beispiel der B57 zwischen der Aachener Innenstadt und Würselen. Einfach mehr Busse einzusetzen, könne hier jedoch nicht die Lösung sein, da sich diese einfach nur in die langen Schlangen einreihen würden, den Kern des Problems jedoch unangetastet ließen.

Die von Hans Joachim Sistenich vorgestellte Lösung: eine „Regio-Tram“. Diese könnte ausgehend von Baesweiler, über Alsdorf und Würselen, bis zum Aachener Bushof fahren und einen Teil der Pendelbewegungen auffangen und den Verkehr in der Region so maßgeblich entlasten. Hinzu käme, dass die Tram zu hundert Prozent elektrisch betrieben würde und im Innenstadtbereich sogar auf einen eingebauten Akku zurückgreifen könnte. Ein weiterer Vorteil: als emissionsfreies Verkehrsmittel würde die „Regio-Tram“ einen großen Beitrag zum „Luftreinhalteplan Aachen“ leisten. Ganz wichtig dabei sei, dass die „Regio-Tram“ als Erweiterung der euregiobahn gedacht und in das bestehende Netz integriert würde. So ließen sich möglichst viele Synergieeffekte erzeugen und das bereits gute, bestehende System noch weiter verbessern. Eine hohe Taktfrequenz von 15 Minuten sei dabei durchaus denkbar und mit den Fahrtzeiten der euregiobahn kompatibel.

Auch die Talbot Services GmbH in Aachen habe erst kürzlich erklärt, dass man sich durchaus vorstellen könne, nicht nur den Bau bzw. die Montage der Wagen, sondern auch deren Wartung zu übernehmen. Dies sei besonders interessant, da Talbot immer noch an der Jülicher Straße sitzt, an der auch die Tram nach aktuellen Plänen vorbeifahren würde. Ebenfalls denkbar wäre eine Einbeziehung des Know-how der RWTH. Auch Michael Servos, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion in Aachen, war von dieser Idee angetan: „Eine Kooperation mit Talbot würde sich nicht nur aufgrund der vorhandenen Strukturen anbieten, sondern auch neue Arbeitsplätze vor Ort bedeuten.“

Natürlich wurde in der darauffolgenden Diskussion auch über die Kosten des Konzepts diskutiert. Laut Niels-Christian Schaffert würden sich die Schätzungen auf 10 bis 12 Millionen Euro pro Kilometer belaufen, basierend allerdings auf alten Konzepten. „Auch wenn die Zahlen jetzt sehr hoch erscheinen muss man bedenken, dass 90% der Kosten für die Schienen über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gefördert werden“, erinnerte Michael Servos. Hans Joachim Sistenich gab weiterhin zu bedenken, dass man zuallererst entscheiden müsse, wie man das Konzept überhaupt Realität werden lassen wolle, bevor man hierfür konkrete Zahlen nennen könne. Insgesamt sei die Fördersituation für ebensolche Projekte bundesweit sehr positiv und müsse ausgenutzt werden, um nicht im Vergleich zu anderen Regionen ins Hintertreffen zu geraten. Außerdem könne man in Aachen auf teils immer noch vorhandene Infrastruktur zurückgreifen, was die Kosten zusätzlich drücken würde. Bedenken bezüglich der Kompatibilität mit dem regulären Straßenverkehr oder auch Radschnellwegen konnte Herr Sistenich ebenfalls erfolgreich ausräumen. Aufgrund einer barrierefreien Schienenführung sei das Unterfangen unproblematisch, da sich die in den Boden eingelassenen Schienen einfach mit dem Auto oder Fahrrad überfahren ließen.

Auch Daniela Jansen zeigte sich überzeugt: „In Zukunft werden wir eine weitere Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene erleben. Die ‚Regio-Tram‘ bietet den Menschen in der Städteregion nicht nur die Chance, schnell und zuverlässig von einer Kommune in die andere zu gelangen, sondern auch die Möglichkeit uns als Vorreiter auf dem Gebiet der Elektromobilität im ÖPNV zu positionieren.“ Insgesamt war man sich am Montagabend über die vielen positiven Effekte einer „Regio-Tram“ für den Wirtschaftsstandort, die Luftreinheit und die Elektromobilität in der Region einig. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die SPD-Fraktion einstimmig beschloss, das Konzept als Lösungsmöglichkeit für das Mobilitätsproblem und Zugpferd der Elektromobilität in der Stadt und Städteregion vorantreiben zu wollen und auf die Verwaltung einzuwirken hier einen Fahrplan, gekoppelt an den stetigen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern bei jedem Schritt, zu erstellen. Insbesondere der letzte Punkt war Michael Servos besonders wichtig: „Ein Projekt wie die ‚Regio-Tram‘ kann nur gelingen, wenn wir von Beginn an die Bürgerinnen und Bürger mit einbeziehen und uns auch die Sorgen, Wünsche und Vorschläge zu Herzen nehmen. Maximale Transparenz und eine breite Beteiligung sind hier die Stichwörter für den Erfolg.“